„Anerkennung für die Pflege“ fordert Britta Beeger, eine Wirtschaftsredakteurin der FAZ in ihrem Kommentar vom 16.8.2017. Sie hat Recht: der Ruf nach mehr Geld alleine wird es nicht richten. Bald brauchen in Deutschland mehr als 3 Mio Menschen gute Pflege. Dafür fehlen die Fachkräfte – die Prognosen über den zusätzlichen Bedarf bis 2025 schwanken – es sind Hunderttausende. Viele Lösungen des Problems sind bekannt: eine bessere Bezahlung eine bessere Ausbildung, die auch zu mehr Verantwortung befähigt und eine bessere Interessenvertretung.
Nach meiner Meinung bleiben hier drei Punkte unerwähnt:
Erstens: die gut ausgebildeten Pflegekräfte gibt es schon. Sie arbeiten in den Krankenhäusern. Während in Norwegen auf 1000 Einwohner 3,1 Krankenhausbetten vorgehalten werden, sind es in Deutschland mehr als doppelt so viele: nämlich 8,1. Dabei leisten sich die Norweger dreimal mehr Pflegekräfte pro Bett (N: 2,45; D: 0,82). Diese Zahlen stammen aus der Statistik der OECD für 2015. Und wer mal einen Blick in norwegische Krankenhäuser geworfen hat, erlebt wie Krankenpfleger auf Augenhöhe mit den Ärzten arbeiten.
Zweitens: viel wertvolle Arbeitszeit wird für Dokumentation verschwendet. In einer arbeitsteiligen Welt ist Dokumentation wichtig. Dass es dafür pfiffige digitale Lösungen gibt, zeigt uns Buurtzorg in Holland. In dieser von engagierten Pflegern gestarteten Hauskrankenpflege, die nach weniger als 10 Jahren mehr als 60% aller pflegebedürftigen Menschen zuhause betreut, nutzen die Fachkräfte eine App im Smartphone, um sich gegenseitig zu informieren oder auch um sich gegenseitig um Rat zu fragen. Hinter der Technik steckt die Idee, in kleinen selbstorganisierenden Teams arbeiten zu können – ohne hindernde hierarchische Strukturen.
Drittens: Pflegekammern sind wahrscheinlich wichtig, um sich auf Augenhöhe mit den Ärzten zu behaupten und die Qualität der Aus- und Fortbildung selber in die Hand zu nehmen. Aber auch hier lohnt ein Blick nach Norwegen: dort gibt es keine Pflegekammern aber eine starke Pflegegewerkschaft – die meisten Pflegekräfte sind dort Mitglied und profitieren von der Macht der vielen – und geschätzten.
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